Zu Christi Himmelfahrt

Christi Himmelfahrt 2021. Gedankenanstoß

 

Jesus Christus herrscht als König!  EG 123 / EGRo 81
Alles wird Ihm untertänig! Alles legt Ihm Gott zu Fuß!
Jede Zunge soll bekennen: Jesus sei der Herr zu nennen, dem man Ehre geben muss!

 

„Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden“  sagt unser Herr unmittelbar vor seiner Auffahrt in den Himmel, und sicher wäre Vielen uns lieber, er würde sich nur auf eines von Beidem beschränken: die einen Wünschten, seine Macht auf Erden würde sich sichtbarer entfalten, die Anderen aber wünschten, Er würde Seine Macht eher auf den Himmel beschränken, das wäre schließlich der Zuständigkeitsbereich für einen Gott. Christus aber hat den Namen empfangen, der über alle Namen ist, im Himmel und auf Erden: Er ist König und Herr des Universums, der Kirche und unseres Lebens.

Beim allerersten bemannten Flug der Menschheit in den Kosmos feierte Sowjetrussland den Sieg des Kommunismus: Juri Gagarin wurde 1961 zum Helden der Nation stilisiert. Beim Bankett zu seinen Ehren, so erzählt die Anekdote, stößt Chruschtschow mit Gagarin an, zieht ihn etwas beiseite und sagt: Genosse Juri, hast du ihn da oben gesehen? Wen, Genosse Parteisekretär? Na du weißt schon, unser liebes Himmelväterchen. Aber Genosse Parteisekretär, ich bitte Euch, ich bin schließlich Mitglied der kommunistischen Partei! Genosse Juri, mir machst du nichts vor: Sag mir die Wahrheit! Hast du ihn gesehen?  Ja, Genosse Nikita Sergejewitsch, ich habe ihn gesehen! Genau das habe ich befürchtet, seufzt Chruschtschow. Ich beschwöre dich aber, um Gottes Willen: du sagst niemandem etwas davon, sonst ist es aus mit uns! – Daraufhin zieht der Patriarch von Moskau den Weltraumfahrer Gagarin etwas auf die Seite und sagt: Mein Sohn Juri, sag mir die Wahrheit: Hast du unseren lieben Himmelvater da oben gesehen? Nein, sagt der parteitreue Mann. Genau das habe ich befürchtet, seufzt der Patriarch; ich beschwöre dich aber, mein Sohn, um Gottes Willen, du sagst niemandem etwas davon, sonst ist es aus mit uns! – Als die Presse Juri Gagarin vor das Mikrophon zieht, spricht er zwei Sätze aus, die Viele, sehr Viele am Tag darauf in den Medien sehen und lesen, in den Parteisitzungen wiederholen und in den Schulen lernen, und manche auch für wahr halten werden: Ich war im Universum, und habe nirgend einen Gott gesehn! Die kommunistische Partei aber wird ewig bestehn! Das war 1961 und ich war gerade geboren worden…

Bei meinem allersten Flug mit einem Flugkörper, es war das Jahr 1985, ich war ein Student der Theologie, da machte unsere Fakultät eine Exkursion zur rumänisch-orthodoxen Schwesteruniversität in Bukarest. Es war genau am Tag der Himmelfahrt des Herrn, als unser Bischof mit allen Lehrern der Theologie samt Ehefrauen, mit dem ganzen Küchenpersonal, mit Bibliothekar und Pförtner und allen Studenten der Theologie, vom Flughafen in Hermannstadt abhoben um über die Karpaten zu setzen. Wir flogen mit einer russischen Maschine, die so laut war, dass man sein eigenes Wort nicht hörte. Der Krach und das Schütteln  des historischen Flugkörpers legte meiner ängstlichen Seele den Gedanken nahe, dass dies mein erster und letzter Flug sein könnte. Nicht genug: ich stellte mir vor, was passierte, wenn durch einen technischen oder menschlichen oder (wider)göttlichen Umstand dieses Wrack von Maschine zur Erde fiele und gegen einen Felsen knallte, und wir alle umkämen! Dann ist es aus mit uns! Immerhin war fast die ganze Kirchenleitung meiner lieben Kirche in dieser Kabine dicht beieinander mitsamt der ganzen künftigen Pfarrerschaft, sozusagen mit den Hoffnungsträgern der Kirche. Von Schreck und Schauer, zugleich aber auch von der Faszination des Augenblicks überwältigt tippte ich meinem Lehrer für Altes Testament auf die Schulter und rief: Herr Professor! Jetzt sind wir ganz in Gottes Hand! Bitte? Rief er zurück und hielt die Hände hinter die Ohrmuscheln. Ich rief noch lauter: Jetzt sind wir ganz in Gottes Hand! Er lachte und sagte: Ich verstehe sie nicht! Ich wiederholte es, so laut ich konnte, um den Motorenlärm zu überschreien:  JETZT. SIND. WIR. GANZ. IN. GOTTES. HAND! Er lachte nur, und rief: Johannes, das sind wir immer!

Christus spricht Matthäus am Letzten: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden… Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“ Damit hört das Abenteuer aber noch lange nicht auf, es fängt erst richtig an! Und das Stichwort lautet für uns nicht: Hauptsache irgendwie überleben! Sondern: „Gehet hin in alle Welt! Macht zu Jüngern alle Völker!“ „Ihr sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden!“ Sankt Lukas liefert uns in Epistel Actas 1,5-11 und Evangelium Lukas 24,44-53 das Proprium des Tages und darüber hinaus das Vermächtnis Christi in der Stunde seines Abschieds in Bethanien: „Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden,  und er sprach zu ihnen: Also ist’s geschrieben, und also musste Christus leiden und auferstehen von den Toten am dritten Tage und predigen lassen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völkern und anheben zu Jerusalem.”

Doch: Christi Himmelfahrt bedeutet seine Herrschaft in Zeit und Raum, seine Ubiquität im Himmel und auf Erden; doch: seine Himmelfahrt bedeutet Christi vollen Zuspruch und seine ganze Verheißung über unserem Leben, zugleich aber auch seinen vollen Anspruch über unseren Leib und Leben. Kirche hat keine Seitenthemen auf die Kanzeln zu bringen über Politik, Umwelt- oder Alltagsfragen; ihr Kernthema ist, die Augen aufzutun über die Schrift, die von Christus zeugt, in dessen Namen Buße gepredigt werden muss und die Vergebung der Sünden. Kirche hat den Herrn Chistus auf den Altar zu stellen um Brot und Wein auszuteilen. Andernfalls wird unsere Predigt kraft-, saft-, und – salzlos.

Gebt, ihr Sünder, ihm die Herzen, klagt, ihr Kranken, ihm die Schmerzen,
sagt, ihr Armen, ihm die Not.
Christus kann die Wunden heilen, Heilsöl weiß er auszuteilen,
Leben schenkt er aus dem Tod.
Philipp Friedrich Hiller, 1755

Johannes Halmen, evang. Pfr.

 

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