Predigt zum 14. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Gemeinde!

(1. Wir leben aus der Barmherzigkeit Gottes.)
Wir leben aus der Barmherzigkeit Gottes. Das ist die große Glaubenserkenntnis, die wir mit Christen und mit anderen Gläubigen dieser Welt teilen. Dabei ist es alles andere als selbstverständlich, so zu denken. Denn im Chaos dieser Welt kommt Gott selten vor. Zunächst kämpfen wir mit schwierigen Erscheinungen wie Pandemiegeschehen, Flutkatastrophe, Klimawandel, Machtübernahme in Afghanistan, Flüchtlingswellen. Wer redet da von Gott? Wo ist die Barmherzigkeit Gottes? … Ja, wir stellen einmal mehr fest, dass diese Welt schwer beherrschbar ist. Leidenswege scheinen an der Tagesordnung zu sein. In der Tat kann ich mich nicht erinnern, wann ich in meinem bisherigen Leben so viele schwierige Entwicklungen auf einmal erlebt habe. – Doch gerade auf diesem Hintergrund lohnt sich eine persönliche Lebensbilanz. Vergleichsweise zu anderen Menschen geht es mir gut. Ich bin bewahrt. Und ich bitte Gott, sich der Schicksale Betroffener anzunehmen. Und ich denke, dass es Ihnen ähnlich ergeht. Wir kultivieren in der Gemeinde einen bestimmten Umgang mit diesem Leben, indem wir Gott die Ehre geben und unsere Erfahrungen vor IHN tragen, ihn immer neu um sein barmherziges Handeln bitten.

Der Apostel Paulus hat einen ersten Brief an seine erste Gemeinde in Thessalonisch geschrieben. Er schließt diesen Brief mit der großen Ermutigung, trotz der Leidenserfahrungen den neuen Glaubensüberzeugungen treu zu bleiben. Ich lese aus dem 5. Kapitel des 1. Briefes an die Thessalonicher (VV.14-24):

14 Wir ermahnen euch aber: Weist die Nachlässigen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig mit jedermann. 15 Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach, füreinander und für jedermann.
16 Seid allezeit fröhlich,
17 betet ohne Unterlass,
18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.
19 Den Geist löscht nicht aus.
20 Prophetische Rede verachtet nicht.
21 Prüft aber alles und das Gute behaltet.
22 Meidet das Böse in jeder Gestalt.
23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für das Kommen unseres Herrn Jesus Christus. 24 Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.

(2. Christus hat für diese Welt neue Maßstäbe gesetzt.)
Paulus wird sehr konkret und kompakt in seinen Anweisungen. Die Unordnung dieser Welt wächst immer wieder wie Unkraut und greift Menschen an: Nachlässigkeit, Kleinmut, Schwachheit. Unsere Glaubensantwort darauf soll sein: Geduld, auch zu übersetzen mit dem schönen Wort „Langmut“. Geduld nicht nur gegenüber denjenigen, die uns sympathisch sind, sondern Geduld „gegen jedermann“. Das ist ein hoher Anspruch, aber der gilt. Denn schon immer haben sich überzeugte Christen so verhalten, wie es die Welt nicht unbedingt erwartet hat. Christus hat neue Maßstäbe gesetzt! Auch deswegen provoziert die Kirche regelmäßig andere Menschen. Das bedeutet nicht, dass uns alles egal ist und wir nichts unternehmen gegen Missstände. Wir sollen die Nachlässigkeit, Kleinmut, Schwachheit durchaus sehen und im Zweifelsfall auch benennen, Menschen „ermahnen“. Doch dabei ist eben Geduld gefragt, um auf Dauer Veränderung zu erreichen. Das griechische Wort „ermahnen“ bedeutet zugleich „ermutigen“. Vor allem sollen wir die unsägliche „Kette des Bösen“ durchbrechen, nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern allezeit „dem Guten nachjagen“. Allein dieser Begriff deutet die Energie an, die in einem solchen geduldigen Beharren verborgen ist und am Ende das Böse über-winden kann. Alles das – mit Gottes Hilfe, mit Segenskräften, die nicht aus uns kommen.

(3. Konkrete Weisungen für ein Leben im Geist Gottes)
Sich zu freuen, wenn alles gut ist, das kann jeder Mensch. Paulus fordert uns jedoch auf, fröhlich zu bleiben, auch wenn die Welt chaotisch wirkt. Der Schlüssel dafür ist das Gebet, die „Kraftquelle Gottes“. „Betet ohne Unterlass!“ Aus diesem Aufruf sind die Ordensgemeinschaften und Klöster entstanden, die fünfmal am Tag regelmäßige Gebets-zeiten pflegen. Verbringen Sie einmal ein paar Tage zu Gast in einem Kloster; fast jedes Kloster bietet Gästezimmer an. Sie werden staunen, welche Wirkung dieser Lebenstakt ausübt. Auch wenn wir es in unserem Alltag nicht fünfmal am Tag schaffen  – ein- oder zweimal täglich – morgens und abends – ist es allemal möglich, sich für Gott eine kurze Zeit zu nehmen. Das Gebet ist der „Lebensatem des Glaubens“. Daraus folgt in der Regel ein dankbares Innehalten. „Das ist der Wille Gottes in Jesus Christus für uns.“ Es bleibt der Wille Gottes, gerade in bedrängten Zeiten. Dieser „Heilige Geist“ soll unser Leben durchziehen. Es gibt mannigfaltige Möglichkeiten, dieses „heilige Feuer“ „auszulöschen“. Das sollen wir verhindern, es immer wieder „anzünden“. Dazu brauchen wir das Wort Gottes, die „prophetische Rede“. Neben der „Flut der Nachrichten über diese Welt“, die uns umgibt, ist das eine Aufgabe bewussten Willens und Wollens. Die Kirche soll leben. Unsere Glocken rufen uns beständig dazu auf. Sie sind zugleich ein Aufruf, „das Böse zu meiden“, das gilt auch für böse Gedanken, die wir beharrlich bekämpfen und überwinden sollen.

Das sind Werke, die der „Gott des Friedens“ in uns bewirkt und die ER gegen alle Widerstände erhalten will. Wir stehen in einer großen Gnade, liebe Gemeinde, die uns immer neu zur Zukunftshoffnung anstiftet. „Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für das Kommen unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.“

Dank sei Gott dafür!
Amen.

Pfarrer Christoph Thiele, EMB, Konvnt Bayern

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