Predigt an Quasimodogeniti

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Christi von den Toten. (1 Petr 1,3)

 

Liebe Gemeinde!

(1. Dranbleiben, aufstehen und immer neu den Weg voranschreiten!)

Schon ist das Osterfest wieder vorbei. Eine Osterfreude, verbunden mit einem „Frühlingsaufschwung“, möchte sich nicht so recht einstellen; zu lange stehen wir im Bann der täglichen Inzidenz-Zahlen und der daraus folgenden Corona-Beschränkungen. Osterferien – ein richtiges Erholen und Abstand vom Alltag, das war kaum möglich. Es war eher eine Verschnaufpause, die einem viel zu kurz vorkommt. Und dennoch geht es weiter. Es ist auch wichtig, dass wir weitermachen, und sei es noch so mühsam. Denn Stehenbleiben oder gar Aufgeben – das wäre viel schlimmer. Der Alltag hat trotz allem etwas Heilsames, selbst wenn man sich müde fühlt. Im Weitergehen und Weitermachen verhindert man das pure Drehen um sich selbst, das ständige Grübeln, das einen auch in den Abgrund ziehen kann … Dranblei- ben, aufstehen und immer wieder neu den Weg voranschreiten, auch wenn es mühsam ist – das ist das Gebot der Stunde.

So haben das auch die Jünger Jesu gemacht nach seiner Kreuzigung. Für sie war alles offen, alles fraglich. Zwar haften sie das Unglaubliche gehört, dass der Herr und Meister vom Tode auferstanden sei. So richtig glauben konnten sie es noch nicht. – Wie sollte so etwas denn möglich sein … ?

Ich lese das Predigtwort aus dem 21. Kapitel des Johannesevangeliums (VV.1-14):

1 Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so: 2 Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. 3 Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. 4 Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5 Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. 7 Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hafte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: „Es ist der Herr“, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See. 8 Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. 9 Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch da- rauf und Brot. 10 Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! 11 Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht. 12 Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. 13 Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch den Fisch. 14 Das ist nun das drifte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war.

 

(2. Gott sorgt für Offenbarung – die Jünger antworten mit Vertrauen und Gehorsam.)

Das Unglaubliche wird wahr. Der auferstandene Jesus offenbart sich selbst seinen Jüngern. Offenbarungsort ist das Westufer des Sees Genezareth bei der Stadt Tiberias. Die Voraussetzung für diese Begegnung schaffen einige der Jünger Jesu selbst. Sie sind Fischer und haben sich darauf besonnen, dass das Leben weitergehen muss, haben sich an ihre Arbeit gemacht. Sie sind in der Frühe aufgebrochen zum Fischfang. Doch scheint ihre Trauer über die Kreuzigung Jesu, die ihnen noch tief in den Knochen steckt, nur noch verstärkt zu werden: sie fangen nichts. Das Leben ist aus den Fugen geraten. Nicht einmal der zum Leben notwendige Arbeitsertrag kommt zustande.

Doch am Ufer beobachtet sie der auferstandene Jesus und spricht zu ihnen: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ Eigentlich müssten sie aufhorchen ob der Anrede: „Kinder“. Doch zu trübe sind ihre Gedanken, zu gering ist ihre Hoffnung. „Nein“, antworten sie ihm, noch ohne zu erkennen, wer da mit ihnen spricht. Und dann kommt diese Anweisung wider allen Menschenverstand:

„Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden.“ – Hier könnte die Geschichte zu Ende sein, wenn die Jünger allein bei sich und ihrer Erfahrung geblieben wären. Sie hätten einfach antworten können: „Das haben wir schon die ganze Nacht versucht! Heute gibt es nichts!“ – Der Wendepunkt der Geschichte ereignet sich in diesem Moment durch Glauben! Sie verschließen sich nicht und hören auf diese Stimme! Entgegen jeder rationalen Erfahrung, die sie als Berufsfischer nun doch reichlich besitzen, gehorchen sie und probieren es aus. – Und da kommt mit einem Mal der reiche Fang zustande, mit dem niemand mehr gerechnet hat! Einhundertdreiundfünfzig große Fische gehen ins Netz – und das Netz hält auch noch, ohne zu zerreißen! Jetzt kommt die Erkenntnis: „Es ist der Herr!“ Der überwältigte Petrus springt sogleich vom Boot aus ins Wasser, um noch schneller am Ufer zu sein. Als alle eintreffen, wartet Jesus mit einem Feuer auf sie. „Kommt und haltet das Mahl!“ Keiner wagt mehr nachzufragen. Es ist ganz offensichtlich: „Es ist der Herr!“

 

(3. Jesus vertrauen – über unsere menschliche Erfahrung hinaus)

Das ist eine bewegte Ostergeschichte, liebe Gemeinde, die auch uns bewegen soll. Jesus ruft uns auf zu glauben, zu vertrauen, selbst wenn unsere menschliche Erfahrung und unsere menschliche Erkenntnis dagegensprechen. Das soll kein Plädoyer dafür sein, den menschlichen Verstand auszuschalten. Als ob Glaube grundsätzlich etwas Irrationales wäre … Nein, es geht eher darum, unseren Lebenswandel nicht auf die weltliche Erfahrung zu begrenzen. So wie Jesus die Fesseln des Todes abgeworfen hat, so geht das göttliche Geheimnis über irdische Erfahrung hinaus. Gott selbst sorgt dafür, dass Offenbarung dieses Geheimnisses möglich wird. Als Antwort dafür braucht Gott unser Vertrauen, unseren Glauben. Es bedeutet schlicht: Menschen hören auf die göttliche Stimme und handeln danach. Und dann geschieht Offenbarung in Form einer neuen Erkenntnis.

Es lohnt, die symbolischen Details in dieser nachösterlichen Erzählung zu bedenken. Was bedeutet die Zahl von einhundertdreiundfünfzig Fischen? Nach der Auslegung des Kirchenvaters Hieronymus handelt es sich hier um die Anzahl der damals bekannten Fischarten. Der ganze Fischreichtum wird mit dieser Zahl beschrieben – symbolisch gedeutet auf die Völker der ganzen Welt.

Die Jünger sollen ihren Auftrag als Menschenfischer weiterführen. Das Evangelium, die Verkündigung des Heiles Gottes für die Welt, soll weiterziehen unter die Völker.

Dass Jesus mit den Jüngern isst, weist darauf hin, dass es um eine leibliche Auferstehung geht. Es handelt sich nicht um einen übernatürlichen Geist, sondern um den leiblich Auferstandenen.

Brot und Fisch als Mahl erinnern an das Abendmahl, das Jesus als heilige Handlung eingesetzt hat, damit wir es feiern und seine Person unter uns lebendig halten.

Das Ostereignis will weitergefeiert werden, liebe Gemeinde. Jeder gefeierte Sonntags-Gottesdienst will daran erinnern, jedes Abendmahl. Und jeden Freitag läuten bei uns nach alter Tradition um 9.00 Uhr die Glocken, um an den Karfreitag zu erinnern. Unser Altar ist nach Osten ausgerichtet, weil da die Sonne aufgeht – Symbol für die Auferstehung.

Das Wichtigste in all diesen Vollzügen ist die stetige Stärkung unseres Glaubens und unseres Vertrauens auf die lebendige Gegenwart Jesu. So wie Jesus am Seeufer morgens den Jüngern erschienen ist, um ihnen Mut zu machen für ihren Alltag – der Fischfang soll nicht ausbleiben – und für ihren Auftrag – das Evangelium soll verkündigt werden. Lasst uns mutig weitermachen! Unsere Lebensfreude soll uns nicht ausgehen!

Amen.

 

 

von Pfarrer Christoph Thiele

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