Betrachtung
Nichts ist mehr so, wie es bis vor Kurzem noch selbstverständlich war: Die Läden sind zu. Die Restaurants sind zu. Die Schulen zu. Das Leben zu?
Das Wort zum 4. Sonntag der Passionszeit am 22. März 2020, ein Wort Jesu:
Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein;
wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.
(Johannes-Evangelium, Kapitel 12, Vers 24)
Das Weizenkorn sind wir und unsre Selbstverständlichkeiten. Die grosse Krise, in der wir unversehens drin sind, die uns einschränkt und auf unser selber zurückwirft, ist ein solches „Ersterben“.
Ich glaube aber und wünsche uns, dass was wir jetzt auszuhalten haben, zu einer ungeahnten Frucht wird: nicht nur, dass es wieder wird, wie es immer war, sondern neu, wie wir uns jetzt noch gar nicht denken können. Und gut.
Daran glaube ich. Das wünsche ich uns.
Es gibt dazu ein wunderbares Lied:
Korn, das in die Erde … (456):
Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt,
Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt.
Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.
Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
Wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.
Im Gestein verloren Gottes Samenkorn,
Unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn –
Hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien:
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.
Das Lied anhören auf Youtube >> https://www.youtube.com/watch?v=opVBKRpb00c
Gebet
Dietrich Bonhoeffer lebte in einer schweren Zeit und wusste nicht, wie es weitergehen würde. Auch wir wissen nicht, wie es weitergeht. Mit ihm zusammen bekennen wir unseren Glauben:
Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.
Amen.
Dietrich Bonhoeffer, 1934
Meditation zum 4. Sonntag der Passionszeit, Pfr. Walter Wickihalder