Liturgische Feier zum Sonntag Invokavit

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Amen.

 

Wochenspruch

»Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.«

(1Joh 3,8)

 

Aus dem 91. Psalm

1Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt

und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt,

2der spricht zu dem Herrn: /

Meine Zuversicht und meine Burg,

mein Gott, auf den ich hoffe.

3Denn er errettet dich vom Strick des Jägers

und von der verderblichen Pest.

4Er wird dich mit seinen Fittichen decken, /

und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln.

Seine Wahrheit ist Schirm und Schild,

5dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht,

vor dem Pfeil, der des Tages fliegt,

6vor der Pest, die im Finstern schleicht,

vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt.

9Denn der Herr ist deine Zuversicht,

der Höchste ist deine Zuflucht.

10Es wird dir kein Übel begegnen,

und keine Plage wird sich deinem Hause nahen.

11Denn er hat seinen Engeln befohlen,

dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen,

12dass sie dich auf den Händen tragen

und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.

 

Kyrie‐Ruf

Herr Jesus Christus, du bist vom Vater gekommen, die gefallene Welt zu erlösen – wir beten dich an: Kyrie eleison

Du bist ohne Sünde und trägst unsere Schuld, du bist Gottes Sohn und stellst dich an unsere Seite – wir beten dich an: Christe eleison

Durch deine Hingabe öffnest du uns den Weg zum Leben – wir beten dich an: Kyrie eleison

 

Tagesgebet

Herr Gott, himmlischer Vater,

Du hast Deinen Sohn in die Welt gesandt, dass er des Satans Tyrannei breche. Wir bitten dich: Erhalte uns in aller Anfechtung, dass wir in seiner Kraft dem Feinde Widerstand leisten, ihn durch Dein Wort von uns treiben und den Sieg über ihn davontragen durch ihn, unseren Herrn Jesus Christus, der mit Dir in der Einheit des Heiligen Geistes lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Amen.

 

Graduallied (EG 347)

1) Ach bleib mit deiner Gnade
bei uns, Herr Jesu Christ,
daß uns hinfort nicht schade
des bösen Feindes List.

2) Ach bleib mit deinem Worte
bei uns, Erlöser wert,
daß uns sei hier und dorte
dein Güt und Heil beschert.

3) Ach bleib mit deinem Glanze
bei uns, du wertes Licht;
dein Wahrheit uns umschanze,
damit wir irren nicht.

 

Evangelium

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:

Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5. Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«

Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Ps 91,11-12): »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5. Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«

Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5. Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.

(Mt 4, 1‐11)

 

EG 347, 4‐6

4) Ach bleib mit deinem Segen
bei uns, du reicher Herr;
dein Gnad und alls Vermögen
in uns reichlich vermehr.

5) Ach bleib mit deinem Schutze
bei uns, du starker Held,
daß uns der Feind nicht trutze
noch fäll die böse Welt.

6) Ach bleib mit deiner Treue
bei uns, mein Herr und Gott;
Beständigkeit verleihe,
hilf uns aus aller Not.

 

Predigtwort aus dem Evangelium nach Johannes

(Joh 13, 21‐30):

Als Jesus das gesagt hatte, wurde er erregt im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten. Da sahen sich die Jünger untereinander an, und ihnen wurde bange, von wem er wohl redete. Es war aber einer unter seinen Jüngern, der zu Tische lag an der Brust Jesu, den hatte Jesus lieb. Dem winkte Simon Petrus, dass er fragen sollte, wer es wäre, von dem er redete. Da lehnte der sich an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist’s? Jesus antwortete: Der ist’s, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot. Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald! Niemand am Tisch aber wusste, wozu er ihm das sagte. Denn einige meinten, weil Judas den Beutel hatte, spräche Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Fest nötig haben!, oder dass er den Armen etwas geben sollte. Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Und es war Nacht.

 

Ein Denkanstoß zum Predigtwort

»Und es war Nacht.« Bedeutungsschwer endet der heutige Predigttext. Und es beginnt die Schilderung einer der unverständlichsten Taten der Bibel: Der Verrat des Judas. Einer der engsten Vertrauten Jesu lässt sich zur Abtrünnigkeit verführen. Verraten und verkauft wird der noch eben gefeierte Hoffnungsbringer vom eigenen Gefolgsmann. Der Leidensweg nach Golgatha wird von den Evangelisten mit einer Szene angereichert, die jegliche Tragik der Passion noch ins Unermessliche zu steigern vermag: Der Verrat als ein Hinausgestoßenwerden aus allen menschlichen Bindungen. Letztlich allein gelassen wird Jesus wenig später seinen Widersachern ausgeliefert. Die wahren Motive der Abkehr bleiben in jener Nacht im Dunkel verborgen.

In allen Evangelien wird der Verräter selbst, Judas Iskariot, negativ gezeichnet. Und wird so in einen Gegensatz eingereiht, der das gesamte Johannesevangelium bestimmt: Licht und Finsternis, Rein und Unrein, Gerechte und Ungerechte, Glaubende und Ungläubige. In diesem Gegensatz ist Jesus die Lichtgestalt und Judas der Finsterling, das Symbol des Mensch gewordenen Teufels. Ob er überhaupt die fatalen Konsequenzen seines Handelns absehen konnte, bleibt verborgen. Aber der Blick der vom Tode getrübten Augen des Gekreuzigten ist für den Verräter schließlich nicht mehr auszuhalten. Er will das Geld an den hohepriesterlichen Anstifter zurückgeben. Allerdings gilt für den Übergelaufenen auch das altbekannte Diktum, dass der Verrat geliebt wird, der Verräter hingegen wird der Verachtung preisgegeben. Der Hohepriester nimmt den Judaslohn nicht mehr an. Die Geschichte nimmt eine tragische Wendung: Die Tat ist nicht mehr rückgängig zu machen, die Verzweiflung nicht mehr auszuhalten, Judas Iskariot nimmt sich das Leben; er erhängt sich.

In der Alten Kirche wurde der Tod des Judas genüsslich und abschreckend ausgemalt. Dabei ereilt ihm schlechthin der Fluch jedes geplagten Gewissens: Ein Fluchtreflex, das Ausweichen vor der eigenen Schuld. Man kann nicht von sich selbst weglaufen, sagt eine Volksweisheit. Was bleibt, ist eine ungeahnte Hoffnungslosigkeit, die Judas in die Selbsttötung treibt. Die Geschichte endet mit einer an sich selbst zerbrochenen Existenz. »Und es war Nacht.« Als Judas in die Nacht hinausging, hat er nicht nur seinen Herrn verraten. Er beging Verrat an sich selbst.

 

Fürbitten

Gott, Herr des Lebens. Wir alle stehen in der Gefahr, den Versuchungen, in die wir geführt werden, zu erliegen, und können uns nicht sicher sein, ihnen zu widerstehen. Auch dein Sohn wurde versucht – in der Verlassenheit und Hitze der Wüste, durch Hunger über vierzig Tage, auf der hohen Zinne des Tempels, auf dem Berg mit der grenzenlosen Aussicht. Wir danken dir, dass er widerstanden und die Versuchungen des Bösen überwunden hat. Wir rufen:

Herr, erbarme dich.

Wir bitten dich: Bewahre uns vor solchen Versuchungen. Bewahre die Hungernden vor Erniedrigung, die Satten aber vor Gleichgültigkeit. Bewahre die politisch Wirkenden vor der Lust an der Macht. Bewahre die Kirche vor der Versuchung, sein zu wollen wie du, Gott. Wir rufen:

Herr, erbarme dich.

Zu Beginn dieser Zeit der Passion zeige uns neu den Sinn des Leidens, das Christus auf sich genommen hat. Wie er im Verzicht auf Stärke deine Ehre bezeugt hat, so bitten wir heute besonders für die, deren Ehre verletzt wird: die Armen und Entrechteten, die Denunzierte und Diffamierten, deren Elend öffentlich breitgetreten wird, deren Leid dazu dient, die Schuld anderer zu vertuschen. Wir rufen:

Herr, erbarme dich.

Hilf uns schuldig gewordene Menschen anzusehen im Licht deiner Vergebung. Gib, dass wir Leidende nicht nur bedauern, sondern zu erkennen suchen, wo wir Schuld tragen an ihrem Elend. Lass nicht zu, dass wir profitieren von den Schwächen der anderen. Wir rufen:

Herr, erbarme dich.

Lass uns dir allein dienen und nur dich anbeten. Hilf, unser Können und Vermögen einzusetzen zum Nutzen der Nächsten. Lehre uns zu verzichten. Lass uns dir folgen, der du dich selbst entäußert hast, Mensch wie wir geworden bist und uns erhoben hast, indem du dich selbst erniedrigt hast. Dafür danken wir dir und rufen:

Herr, erbarme dich.

 

Vater unser

Vater unser im Himmel!
Geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

 

Sendungswort

So seid nun Gott untertan. Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch. Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen.

(Jak 4,  7‐8a.10)

 

 

Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.

 

von Alexander Proksch

 

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