Gottesdienst zu Pfingsten von Pfr.in Ingrid Vogel

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

 

Liebe Mitfeiernde!

Was ist Pfingsten?
„Da fahren wir nach Paris“
Nein, in der Kirche – was ist Pfingsten für ein Fest –
„ah so, das gibt es auch in der Kirche?“
„Vielleicht ist da der Jesus auf der Südhalbkugel geboren“
So die Antworten von Schulkindern
in der 2. Klasse Gymnasium vor einigen Jahren. Daneben gab es noch einige Kuriosa,
Wie Geburtstag des Bundespräsidenten…

Pfingsten ist sicher das schwierigste Fest im Jahreskreis.
Das Baby zu Weihnachten ist süß, und man kann es angreifen
Christus am Kreuz ist eine Herausforderung, aber sichtbar.
Ostern ist schon schwieriger –
aber ein leeres Grab ist vorstellbar.
Doch Pfingsten? Ein Geist – DER Geist?
Über drei Lieder möchte ich mich ein wenig annähern.

 

 

Gebet

Du, Lebendiger
Dir danken wir für deinen Atem, der uns am Leben erhält, der uns in Atem hält.
Dir danken wir für deinen Wind, der uns bewegt, und uns von der Stelle bringt.
Dir danken wir für deinen Hauch,
durch ihn wirble unsere abgestandene Luft auf und schick uns deinen frischen Wind,
damit uns der Atem des Lebens nicht ausgeht.
Amen

 

 

 

Evangelium aus Lukas 11

9 Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um einen Fisch, und der gibt ihm statt des Fisches eine Schlange?
Oder gibt ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion? Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!

Ehre sei dir, Herr!
Lob sei dir, Christus!

 

125, 2
Du heiliges Licht, edler Hort, lass leuchten uns des Lebens Wort und lehr uns Gott recht erkennen, von Herzen Vater ihn nennen.
O Herr, behüt vor fremder Lehr, dass wir nicht Meister suchen mehr denn Jesus mit rechtem Glauben
und ihm aus ganzer Macht vertrauen. Halleluja, Halleluja.

Zusagen des Geistes, die kennen wir.
Aber die Bitte um den Heiligen Geist, die ist uns mitunter eher fremd. In einem einzigen Gebet kommt sie regelmäßig vor: in der sogenannten Epiklese, einem Gebetsruf im Abendmahlsgebet. Doch zwei altkirchliche Gesänge stellen genau diese Bitte, formuliert an die 3. Person der Dreieinigkeit, in den Mittelpunkt:
Veni Creator Spiritus – Komm Schöpfer Geist
und
Veni Sancte Spiritus, reple tuorum corda fidelium
Komm, heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen
Letzteres war die Pfingst – Antiphon, entstanden in den ersten Jahrhunderten und im 11. Jh. erstmals schriftlich überliefert . In unzähligen Handschriften ist diese tradiert und schon sehr bald in vielen Varianten ins Deutsche übertragen. Beide soeben gesungenen Lieder beziehen sich auf diese altkirchliche Antiphon.

Martin Luther hat Text und Melodie 1524 übernommen und auf seine Weise reformatorisch ergänzt:
Ganz deutlich wird das in der 2. Strophe:

Herr, behüt vor fremder Lehr,
dass wir nicht Meister suchen mehr
denn Jesus mit rechtem Glauben vertrauen

Die Einheit des Glaubens war nicht mehr automatisch in der una sancta ecclesia gegeben, und auch gegen die Schwarmgeister wendet sich die Pointe hier Aber das Wichtigste war für Luther das Wort das erleuchtende Wort

Du heiliges Licht, edler Hort,
lass leuchten uns des Lebens Wort
und lehr uns Gott recht erkennen,

Doch dadurch werden wir nicht einfach zu treuen Untertanen der Kirche und ihrer Werke sondern es geht um die Erkenntnis des Vaters. Ohne andere Vermittlung und vor allem ohne die Vermittlung der Kirche werden wir zu Kindern Gottes.
Dies ist die wahrhaft pfingstliche Botschaft für Martin Luther

125, 3
3. Du heilige Glut, süßer Trost, nun hilf uns, fröhlich und getrost
in deim Dienst beständig bleiben, die Trübsal uns nicht wegtreiben.
O Herr, durch dein Kraft uns bereit und wehr des Fleisches Ängstlichkeit,
dass wir hier ritterlich ringen, durch Tod und Leben zu dir dringen. Halleluja, Halleluja.

Der Herr – der Heilige Geist – möge uns führen, uns beistehen als Tröster, der uns fröhlich macht.

Im Denken Luthers war es noch nicht eingepflanzt, vom Geist als weibliche Person zu sprechen.
Allerdings grammatikalisch hat das Wort im Hebräischen einen weiblichen Artikel.
Die Ruach, die „Geistin“.

 

2. Denn du bist der Tröster genannt, des Allerhöchsten Gabe teu’r,
ein geistlich Salb an uns gewandt, ein lebend Brunn, Lieb und Feu’r.

 

Hier stehen in der Ahnengalerie des Textes
Bischof Ambrosius, Papst Gregor der Große und Karl der Große Vermutlich verfasst in der überlieferten Form hat den Hymnus dann Hrabanus Maurus, (Universitätsgelehrter und Bischof v. Mainz) als Lehrlied für die Aachener Synode 809. In einem Kommentar zu dem Lied kann man lesen: Dieses Pfingstlied hebt sich gegenüber anderen Liedern mehrfach hervor:
durch Alter Verbreitung Überlieferung eine Vielzahl an Übersetzungen und durch vielfältige Verwendung. In der alten, wie wir sagen würden katholischen, Tradition hatte es auch noch eine besondere Wirkung:
„Für das einmalige Lesen wurden 100 Tage Ablass gewährt wenn dies in der Pfingstoktav geschah, gar 300 Tage“.

126, 3
3. Zünd uns ein Licht an im Verstand,
gib uns ins Herz der Lieb Inbrunst,
das schwach Fleisch in uns, dir bekannt,
erhalt fest dein Kraft und Gunst.

Gott der Schöpfer – wie in Genesis 1, 2: wo es heißt:
Gott schuf – und die Ruach Gottes schwebte über dem Wasser.
Komm, besuch, und füll,
Tröster, Gabe, Salb, Brunn, Lieb, Feuer
Bitten und Attribute, die überborden.
Zünd Licht an, gib Liebes Inbrunst, und erhalt, was geschaffen.

126, 4
4. Du bist mit Gaben siebenfalt der Finger an Gotts rechter Hand;
des Vaters Wort gibst du gar bald mit Zungen in alle Land.

Anders als in der lateinischen Vorlage und in den r.k. Übersetzungen werden hier die vielen Bitten  abgelöst von dem Bekenntnis Entsprechend dem Zeugnis bei Jesaja im 11. Kapitel die 7 Gaben als Gegenanzeige zu den 7 Todsünden, wie sie auf der römischen Synode von 382 genannt werden:
Weisheit, Verstand, Rat, Stärke, Erkenntnis, Erkenntnis der Wahrheit und Gottesfurcht oder auch Frömmigkeit Martin Luther beschreibt in der Erklärung zum 3. Glaubensartikel die Gaben des Geistes ebenfalls mit 7 Worten:
er beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt, erhält im Glauben, vergibt und wird auferwecken zum ewigen Leben. In der Mitte des ganzen lutherischen Liedes steht als reformatorisches Bekenntnis das Wort des Vaters.

126, 5 + 6
5. Des Feindes List treib von uns fern,
den Fried schaff bei uns deine Gnad,
dass wir deim Leiten folgen gern und meiden der Seelen Schad.

6. Lehr uns den Vater kennen wohl, dazu Jesus Christ, seinen Sohn,
dass wir des Glaubens werden voll, dich, beider Geist, zu verstehn.

Die Liste der Bitten scheint noch nicht erschöpft. Unsere Antwort kann es nur sein, dem Leiten Gottes zu folgen Wie die Klammer zum 1. Vers steht hier am Ende der trinitarische Lobpreis. Dieser hört niemals auf in Ewigkeit.

126, 7
7. Gott Vater sei Lob und dem Sohn, der von den Toten auferstand,
dem Tröster sei dasselb getan in Ewigkeit alle Stund.

Liebe Gemeinde!
Veni Creator, veni Sancte, veni Spiritus!
Komm – Lebensgeist!
Ist das nicht unsere so inständige Bitte nach diesen Wochen Neuen Lebensgeist, tröstendes Lebenswort helfende Lebensenergie die haben wir jetzt bitter nötig. Eine oder einen, der mich wirklich versteht, die mich an der Hand nimmt, wenn ich den Weg nicht sehe, der für mich spricht, wenn mir die Stimme versagt, die mich wärmt, wenn die eisige Kälte mir an die Knochen kriecht, der feurig die Glut entfacht zum prasselnden Feuer.
Veni Creator, veni Sancte, veni Spiritus!
Keine Schlange, keinen Skorpion, aber auch kein faules Ei! Nein – gib uns den neuen Mut zum Leben die neue Perspektive in der Sackgasse, Mir tut es so wohl, dass die erste und die zweite der 7 Geistesgaben an unser Denkvermögen appellieren, das scheint in den letzten Wochen manchmal ein wenig zu kurz gekommen zu sein – wozu selber denken, wenn einem eh alles vorgegeben wird – Erst selber denken, macht kritikfähig, d.h. gibt die Weisheit zur Unterscheidung, eigentlich kommt ja Kritik aus dem Griechischen krínein. Und diese Fähigkiet ist eindeutig Geistesgabe!
Rat und Stärke – die brauchen die Regierenden, und die braucht jede und jeder von uns. Schon ein kleines Kind versucht, seine Stärken zu messen – und vor allem, zu entwickeln, um Klarheit zu gewinnen:
Wer bin ich wirklich!
Dies führt zur Erkenntnis – und auch zum erstaunten Wahrnehmen:
es gibt nicht nur eine Wahrheit unter uns Menschen. Und genau das beflügelt unser Miteinander – wie wunderbar!
Als glaubender Mensch bin ich unendlich dankbar, dass alle Dinge im Letzten meinem Zugriff entzogen sind.
Ja – Veni Creator, veni Sancte, veni Spiritus!
Amen

 

Ganz anders als die 3 Lieder – und doch in der Tradition fortführend singen wir nun aus dem neuen Liederbuch Freitöne ein arabisches Lied aus dem Libanon mit der Überzeugung:
Verkünden will ich stets, dass du den Frieden bringst

Freitöne 5 Deutscher Text: Dieter Trautwein, M. Arabisch
Erschein, Du Heilger Geist

1
Erschein, Du Heilger Geist, die Liebe Gottes selbst,
gibst Leben zum Geschenk, die große Gnade auch.
Und wenn es dunkel wird, wend‘ ich mich zu Dir hin,
denn Du wirst mich geleiten allezeit.

2
Dir gebe ich zum Lob die schönsten Melodien.
Du bist die Herrlichkeit, des Guten klarer Quell.
Die Hoffnung schenke mir, die Liebe, Glauben auch,
dass ich sie weitergebe allezeit.

3
Die Treue halt ich Dir in Freude, Leid und Not.
Verkünden will ich stets, dass Du den Frieden bringst.
Dein Name sei gelobt vom Morgen bis zur Nacht.
Die Liebe bleibt bestehen allezeit.

 

Gebet

Gott, wir spüren dich.
Du bist nicht abwesend.
Wir sehen dich auf den Gesichtern derer,
die mit uns leben.
Wir hören dich in der Sprache derer,
die zu uns sprechen.
Wir spüren deinen Geist,
der liegt in der Luft –
er weht, er stürmt,
er setzt in Brand.
Gott, gib uns noch mehr zu spürenlass
uns weiter an der Grenze leben,
als Grenzgänger einer neuen Welt;
lass uns weiter vielerlei Sprachen hören,
in Harmonien und Disharmonien.
Und gib Hoffnung –
Amen

 

Segen

Der HERR segne euch und behüte euch.
Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über euch
und sei euch gnädig.
Der HERR erhebe sein Angesicht auf euch
und gebe euch Frieden.
Amen.

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