Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Gebet:
Barmherziger Vater. Du hast Deinen Sohn gesandt als Heiland der Kranken und Retter der Bedrängten. Wir danken Dir und bitten Dich: Lass Seine Kraft in unseren Tagen wirksam sein, damit wir in Ängsten und Nöten Deine Hilfe erfahren. So bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn, der mit Dir in der Einheit des Heiligen Geistes lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
Wochenlied:
Lobt Gott, den Herrn, ihr Heiden all – EG 293
Predigttext: Rut 1,1-19a
Zu der Zeit, als die Richter richteten, entstand eine Hungersnot im Lande. Und ein Mann aus Bethlehem in Juda zog aus ins Land der Moabiter, um dort als Fremdling zu wohnen, mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen. Der hieße Elimelech und seine Frau Noomi und seine beiden Söhne Machlon und Kiljon; die waren Efratiter aus Bethlehem in Juda. Und als sie ins Land der Moabiter gekommen waren, bleiben sie dort.
Und Elimelech, Noomis Mann, starb, und sie blieb übrig mit ihren beiden Söhnen. Die nahmen sich moabitische Frauen; die eine hieß Orpa, die andere Rut.
Und als sie ungefähr zehn Jahre dort gewohnt hatten, starben auch die beiden, Machlon und Kiljon. Und die Frau blieb zurück ohne ihre beiden Söhne und ohne ihren Mann.
Da machte sie sich auf mit ihren beiden Schwiegertöchtern und zog aus dem Land der Moabtier wieder zurück; denn sie hatten erfahren im Moabiterland, daß der Herr sich Seines Volkes angenommen und ihnen Brot gegeben hatte. Und sie ging aus von dem Ort, wo sie gewesen war, und ihre beiden Schwiegertöchter mit ihr.
Und als sie unterwegs waren, um ins Land Juda zurückzukehren, sprach sie zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus ihrer Mutter! Der Herr tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und an mir getan habt. Der Herr gebe euch, daß ihr Ruhe findet, eine jede in ihres Mannes Hause! Und sie küsste sie.
Da erhoben sie ihre Stimme und weinten und sprachen zu ihr: Wir wollen mit dir zu deinem Volk gehen. Aber Noomi sprach: Kehrt um, meine Töchter! Warum wollt ihr mit mir gehen? Wie kann ich noch einmal Kinder in meinem Schoße haben, die eure Männer werden könnten? Kehrt um, meine Töchter, und geht hin; denn ich bin nun zu alt, um wieder einem Mann zu gehören. Und wenn ich dächte: Ich habe noch Hoffnung!, und diese Nacht einem Mann gehörte und Söhne gebären würde, wolltet ihr warten, bis sie groß würden? Wolltet ihr euch einschließen und keinem Mann gehören? Nicht doch, meine Töchter! Mein Los ist zu bitter für euch, denn des Herrn Hand hat mich getroffen.
Da erhoben sie ihre Stimmen und weinten noch mehr. Und Orpa küsste ihre Schwiegermutter, Rut aber ließ nicht von ihr. Sie aber sprach: Siehe, deine Schwägerin ist umgekehrt, kehre auch du um, deiner Schwägerin nach. Rut antwortete: Bedränge mich nicht, daß ich dich verlassen und von dir umkehren sollte. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbts, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der Herr tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.
Als sie nun sah, daß sie festen Sinnes war, mit ihr zu gehen, ließ sie ab, ihr zuzureden. So gingen die beiden miteinander, bis sie nach Bethlehem kamen.
Liebe Schwestern und Brüder,
Das Buch Rut erzählt uns eine bewegte Geschichte aus der Frühzeit Israels, der Zeit der Richter. Elimelech verläßt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen während einer Hungersnot seinen Heimatort Bethlehem und zieht ins Land Moab im Osten des Toten Meeres. Die Söhne heiraten Töchter des fremden Landes. Doch nach zehn Jahren sterben Elimelech und seine Söhne. Noomi, seine Witwe, ist damit die Vorsteherin der kleinen Familie. Sie beschließt, nach Bethlehem zurück zu kehren. Doch sie nötigt ihre Schwiegertöchter nicht, gehorsam mit ihr zu ziehen, sondern gibt ihnen die Möglichkeit zu gehen.
Rut, deren Name „Freundin“ bedeutet, möchte sich nicht von ihrer Schwiegermutter trennen. Sie spricht die Worte aus, die sich bis heute Brautpaare für ihre Hochzeit wünschen: „Wo du hingehst, da will auch ich hingehen …“. Ihre Worte sind wie ein Bundesschluß mit ihrer Schwiegermutter, deren Leben sie weiter teilen will.
Sie wird als Fremde nach Bethlehem kommen, eine Frau aus einer anderen Kultur, mit fremdartigem Aussehen. Sie teilt die Not ihrer Schwiegermutter. Sie teilt auch ihren Glauben an den Gott Israels. Durch die geschickte Unterstützung ihrer Schwiegermutter findet sie schließlich in Boas einen Ehemann. Für die biblische Tradition ist die Moabiterin Rut die Urgroßmutter des Königs David und erscheint dadurch auch im Stammbaum Jesu (Mt. 1,5).
Der dritte Sonntag nach dem Epiphaniasfest erzählt uns davon, wie das Evangelium die Völker der Welt erreicht. Der Wochenspruch ist das Wort Jesu: „Es werden kommen von Osten und Westen, von Norden und Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes“. Die Epistel nennt die Frucht des Evangeliums bei Juden und Heiden, Griechen und Nichtgriechen (Röm. 1,13-17). Die alttestamentliche Lesung erzählt von dem Syrer Naaman, der bei dem Propheten Elisa Heilung findet (2. Kö. 5,1-19). Das Evangelium berichtet von dem heidnischen Hauptmann von Kapernaum, dessen Glauben Jesus vor Seinen Zuhörern lobte (Mt. 8,5-15).
Es sind Geschichten von Menschen, die vom Heil ausgeschlossen waren, weil sie nicht zum auserwählten Volk gehörten, weil sie in anderen Traditionen und Religionen aufwuchsen. Es sind Geschichten, die bezeugen, wie Gottes Liebe allen Menschen gilt, wie sie noch weiter reicht, wo wir schon längst unsere Grenzen ziehen wollten. Finden wir Gottes Wege und folgen wir ihnen, wo sie uns zum Obdachlosen und sozial Ausgegrenzten führen? Entdecken wir durch Gottes Liebe Zugänge zu Menschen, die sich in Hass und Vorurteilen verfangen haben, bereit zu einer Tat der Gewalt? Führt uns Gottes vergebende Liebe auch zum Gebet für jene, die unsere Brüder und Schwestern im Glauben mit Gewalt verfolgen und den Namen Christi auf der Erde ausrotten wollen?
Gottes Liebe will erfinderisch machen.
Diese Geschichten können auch den Blick für Menschen weiten, in denen uns Gott begegnen will. Wie Rut aus fremdem Land, wie der Syrer Naaman, wie der römische Hauptmann Cornelius zum Zeichen für Gottes Gnade und Segen wurden, erfahren wir diesen Segen durch Menschen, die unser Leben teilen oder auch nur ein Stück weit mit uns gehen. Vielleicht ohne daß es ihnen bewusst wurde, kann uns doch Gottes Wort durch ihr Reden und Tun ansprechen. Achten wir auf diese Worte, entdecken wir Gottes Handeln selbst da, wo Andere nur Unheil sehen. So schreibt Alfred Delp am 17. November 1944 aus seiner Zelle: „Innerlich habe ich viel mit dem Herrgott zu tun und zu fragen und dran zu geben. Das Eine ist mir so klar und spürbar wie selten: Die Welt ist Gottes so voll. Aus allen Poren der Dinge quillt er gleichsam uns entgegen, wir aber sind oft blind. Wir bleiben in den schönen und den bösen Stunden hängen und erleben sie nicht durch bis an den Brunnenpunkt, an dem sie aus Gott herausströmen. Das gilt … für alles Schöne und auch für das Elend. In allem will Gott Begegnung feiern und fragt und will die anbetende, hingebende Antwort.“
Gottes Liebe will achtsam machen.
Gottes Liebe gilt dir! Amen.
Fürbitten:
Barmherziger Gott, du hast Jesus von Nazareth gesandt als den Retter aller Menschen. Durch Ihn bitten wir Dich: Herr, erhöre uns.
Für die Kirchen in aller Welt und unsere Gemeinden: Stärke in den Herzen das Vertrauen zu Dir. Wir rufen zu Dir: Herr, erhöre uns.
Für die Männer und Frauen, die Macht und Einfluß haben in unserem Land und unter den Völkern: Gib ihnen die Kraft, den Weg zu bereiten für Gerechtigkeit und Frieden. Wir rufen zu Dir: Herr, erhöre uns.
Für alle, die auf der Suche sind nach Sinn und Erfüllung für ihr Leben: Schenke ihnen den Heiligen Geist, daß sie Deine Nähe und Güte erfahren. Wir rufen zu Dir: Herr, erhöre uns.
Für die Menschen, die gebeugt sind durch Krankheit und Leid: Richte sie auf durch Deine Kraft. Wir rufen zu Dir: Herr, erhöre uns.
Für die Brüder und Schwestern, die uns im Glauben vorausgegangen sind: Vollende ihr Leben in Deinem Licht. Wir rufen zu Dir: Herr, erhöre uns.
Lebendiger Gott, höre unser Gebet; lass uns auf Deinen Sohn schauen und Hilfe erfahren durch Ihn, Christus, unseren Herrn.
Amen.
Vater unser …
Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Amen.
Aus der Mönchsregel des heiligen Basilius[1]:
- Von der Liebe zu Gott
… Schweigen wir vom Aufgang der Sonne, von den Mondphasen, den Wandlungen der Witterung, vom Wechsel der Jahreszeiten, von den Wassern, die aus den Wolken herniederströmen, und jenen anderen, die de Erde entquellen, ja vom Meer, von der ganzen Welt, von den Geschöpfen der Erde, der Gewässer und der Luft, von den tausend verschiedenen Tieren und allem, was zum Gebrauch unseres Lebens bestimmt ist. Allein das Folgende können wir, wollten wir es auch, nicht übergehen: niemand, dessen Verstand und Vernunft gesund ist, kann diese Wohltat verschweigen, und noch unmöglicher ist es, sie nach Gebühr zu schildern: die Wohltat nämlich, daß Gott den Menschen nach seinem Bild und seiner Ähnlichkeit erschaffen, ihn seiner Erkenntnis gewürdigt und vor allen lebendigen Wesen mit Vernunft ausgestattet hat, ihn der unaussprechlichen Schönheiten des Paradieses sich erfreuen ließ und zum Herrn aller irdischen Dinge einsetzte; und als der Mensch von der Schlange verführt in die Sünde gefallen war und durch die Sünde in den Tod und das verdiente Elend, verließ Gott ihn auch dann nicht, sondern gab ihm sofort ein gebot zu seiner Hilfe, stellte Engel zu seiner Wache und zu seinem Schutz auf, sandte Propheten zur Widerlegung der Bosheit und zur Lehre der Tugend, hielt den Ansturm des Bösen durch Drohungen nieder, spornte das Verlange nach dem Guten durch die Verheißungen an und zeigte oft das Ende von beidem an verschiedenen Personen zur Warnung der übrigen voraus, und obwohl wir bei all dem im Ungehorsam verharrten, wandte er sich dennoch nicht ab; denn wir sind von der Güte des Herrn nicht verlassen und haben seine Liebe nicht auszulöschen vermocht, obgleich wir den Wohltäter durch Gefühllosigkeit gegenüber seinen Wohltaten hart kränkten; vielmehr sind wir vom Tod zurückgerufen und dem Leben wiedergegeben durch unseren Herrn Jesus Christus.
Hier nun ist die Art der Wohltat noch staunenswürdiger: „Denn da er in Gottes Gestalt war, glaubte er nicht an seiner Gottheit festhalten zu müssen, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an“ (Phil. 2,6f). Er hat unsere Schwachheiten auf sich genommen, unsere Krankheiten getragen und ist für uns verwundet worden, damit wir durch seine Striemen geheilt würden; er hat uns vom Fluch erlöst, indem er für uns zum Fluch wurde und den schmachvollsten Tod erlitt, um uns zum ruhmvollen Leben zurückzuführen. Und es genügte ihm nicht allein, uns, die wir tot waren, wieder zum Leben zu erwecken, er verlieh uns auch die Würde seiner Gottheit und bereitet uns die ewige Ruhe, die das Freudenmaß alles menschlichen Sinnes weit übersteigt. Was nun wollen wir dem Herrn vergelten für alles, was er uns getan hat? Er ist sogar so gütig, daß er nicht einmal eine Vergeltung fordert, sondern zufrieden ist, wenn er für das, was er uns gegeben hat, nur geliebt wird.
- Von der Liebe zum Nächsten
… Daher ist auch das zweite durch das erste zu erfüllen und durch das zweite wiederum zum ersten zurückzukehren; wer den Herrn liebt, der liebt folglich auch den Nächsten. „Denn wer mich liegt“, sagt der Herr, „der wird auch meine Gebote halten“ (Joh. 14,23). „Das aber ist mein Gebot“, sagt er ferner, „daß ihr einander liebet, wie ich euch geliebet habe“ (Joh. 15,12). Und wiederum: wer den Nächsten liebt, der erfüllt auch die Liebe zu Gott, indem Gott diese Wohltat annimmt, als sei sie ihm selbst erwiesen. Daher zeigte auch Moses, der treue Diener Gottes, eine solche Liebe gegen seine Brüder, daß er sogar aus dem Buche Gottes, in welches er geschrieben war, ausgelöscht zu werden verlangte, wenn dem Volk die Sünde nicht vergeben würde (Ex. 32,32). Paulus wagte es sogar Christus zu bitten, anstelle seiner ihm dem Fleische nach verwandten Brüder ausgestoßen zu werden (Röm. 9,3), denn er wollte nach dem Beispiele Christi selbst ein Lösegeld werden zur Rettung aller; zugleich wußte er aber auch, daß derjenige unmöglich von Gott getrennt werden kann, der aus Liebe zu ihm zur Erfüllung des höchsten Gebotes auf die Gnade verzichtet, und eben deswegen viel mehr empfangen wird, als er gegeben hat. Daß sich demnach die Heiligen zu diesem Maße der Nächstenliebe aufgeschwungen haben, dafür ist das Gesagte ein hinlänglicher Beweis.
[1] Hans Urs von Balthasar; Die großen Ordensregeln; Einsiedeln 41980, S. 68-71.
Heiko Wulfert