Bild:
Himmlisches Jerusalem
(aus der Apokalypse von St. Sever – 11. Jahrhundert)
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Gebet:
Ewiger Gott, Du hast uns einen neuen Himmel und eine neue Erde verheißen, in denen Gerechtigkeit wohnt. Leite uns durch Deinen Geist, daß wir das Kommen Deines Reiches bezeugen, im Glauben ausharren und auf Deine Zukunft warten. Dir sei Ehre in Ewigkeit. Amen.
Wochenlied:
Wachet auf, ruft uns die Stimme – EG 147 / 535
Predigttext: Offb. 21,1-7
Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Seine Völker sein und Er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thorn saß, sprach: Siehe, Ich mache alles neu! Und Er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß! Und Er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwind, der wird dies ererben und Ich werde sein Gott sein und er wird Mein Sohn sein.
Liebe Schwestern und Brüder,
Am Ewigkeitssonntag gedenken wir unserer Verstorbenen. Mancher Verlust ist noch frisch und bedrückt uns. Mancher Abschied liegt schon länger zurück, aber wir spüren die Lücke immer noch, die der Tod in unserem Leben hinterlassen hat.
Der Abschied, zu dem der Tod uns nötigt, ist von grausamer Endgültigkeit. Zugleich erinnert er uns daran, daß auch unser eigenes Leben einmal zu Ende gehen muß, daß nichts in dieser Welt Bestand hat. Ja, der Tod durchdringt das Leben mit jedem Abschied, jeder Angst, jeder Krankheit und Sorge. Deshalb sagt R.M. Rilke:
Der Tod ist groß
wir sind die Seinen.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen,
mitten in uns.
Der Totensonntag ist zugleich der Ewigkeitssonntag. Mit dem Zeugnis der Offenbarung Johannis verbinden sich die Bilder der Hoffnung, die Gottes Wort den Menschen schenkt. Das letzte Kapitel der Bilder, dem der Predigttext entnommen ist, malt uns eins der schönsten dieser Bilder: Gott, der im Dunkle wohnte, da niemand kommen kann, hat Seine Hütte bei Seinen Menschen errichtet, lebt mit ihnen in Seinem Licht. Er ist nicht mehr unnahbar fern. Mit einer mütterlichen Geste voller Zärtlichkeit wischt er selbst den Seinen die Tränen von den Augen ab – eine ungeheure Zusage!
Der Tod wird nicht mehr sein, der große Tod, der unser Leben beendet genauso, wie alle seine „kleinen“ Geschwister, wie Leid, Geschrei und Schmerz, wie Feindschaft und Neid, Krankheit und Sorge, Kummer und Not.
Aus dieser Hoffnung können wir leben, sie schenkt uns den Blick, der den dunklen Horizont des Todes überschreitet. Auf dem Weg des Glaubens durch die Zeit können wir es erleben, wie das Licht der Hoffnung, das Leuchten der Ewigkeit in unsere Zeit hineinragt: durch die heilige Taufe haben wir das Bürgerrecht in der Stadt Gottes schon erworben. Im Lesen und Hören von Gottes Wort und im Gebet erfahren wir die Zurüstung zum Weg des Glaubens. Wenn wir in der Gemeinschaft der Christen Gottesdienst feiern, fällt ein besonderer Lichtstrahl der Ewigkeit in unser Leben.
Wenn in der Feier des heiligen Mahles sich Christus selbst in unsere Hände und Herzen gibt, sind wir umgeben von Seinen heiligen Engeln. Da feiern wir in der Gemeinschaft von Zeit und Ewigkeit. Und zu dieser Gemeinschaft gehören alle, die uns schon in die Stadt Gottes vorausgegangen sind, wo es keinen Tod, kein Leid und keinen Schmerz mehr gibt. Ihnen hat Gott selbst die Tränen von den Augen abgewischt. Was ihr Leben bedrückt hat, ist vergangen. Was ihr Leben ausmachte, was sie uns bedeuteten, ist geborgen bei Gott.
Wer in dieser Hoffnung lebt, der darf auch loslassen. Wir müssen uns nicht an Erinnerungsstücke klammern und in traurigem Gedenken versinken. Mit der schönen Antiphon der Sterbeliturgie können wir singen: „Ins Paradies geleite dich der Engel Chor, bei der Heimkehr nehme dich auf der Märtyrer Schar und sie führe dich heim in die heilige Stadt, Jerusalem.“
Amen.
Fürbitten:
Gott, unser Vater, Dein Sohn Jesus Christus ist das Licht dieser und der kommenden Welt.
Durch Ihn bitten wir dich: Dein Reich komme.
Erfülle Deine Kirche mit dem Geist der Wahrheit und Liebe, lass durch sie das Licht der Hoffnung aufleuchten.
Wir rufen zu Dir: Dein Reich komme.
Erleuchte die Herzen der Mächtigen dieser Erde, daß sie Frieden und Gerechtigkeit unter den Völkern fördern
Wir rufen zu Dir: Dein Reich komme.
Gib das Licht der Hoffnung den kranken und denen, die müde sind; schenke ihnen Trost und Vertrauen
Wir rufen zu Dir: Dein Reich komme.
Mache uns zu Menschen, die alles von Dir erwarten und Anderen helfen, Kraft für das Leben und Zuversicht für die Zukunft zu finden.
Wir rufen zu Dir: Dein Reich komme.
Lass unseren Verstorbenen dein ewiges Licht leuchten. Sei nahe denen, die trauern, und erfülle sie mit Hoffnung. Wir rufen zu
Wir rufen zu Dir: Dein Reich komme.
Lebeniger Gott, Anfang und Ende, Ursprung und Ziel, wir bitten Dich: Vollende unser Leben in Deinem Licht und hole diese Welt heim zu Dir in Jesus Christus, unserem Herrn.
Amen.
Vater unser …
Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Väterlesung:
Origenes; Dein Reich komme
(aus „De Oratione – über das Gebet“)
Unser Herr sagt: „Das Reich Gottes kommt nicht so, daß man es an äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es!, Oder: Dort ist es! Denn das Reich Gottes ist in uns“. Ferner: „Das Wort ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen“. Wer daher um das Kommen des Gottesreiches betet, der bittet zweifellos darum, daß das Reich Gottes in ihm aufgeht, Frucht bringt und vollendet wird. Jeder Heilige wird ja von Gott, dem König, beherrscht und gehorcht den vom Geist erfüllten Gesetzen Gottes, der in ihm wohnt wie in einer wohlgeordneten Stadt. Der Vater ist bei ihm, und mit dem Vater regiert Christus in der vollkommenen Seele nach dem Wort: „Wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen“.
Wenn wir also das Reich Gottes in uns haben und im Reiche Gottes unablässig wachsen, dann steht uns die höchste Vollendung bevor: Das Wort des Apostels wird sich erfüllen, daß Christus, wenn Ihm alle Feinde zu Füßen gelegt sind, „Seine Herrschaft Gott, dem Vater, übergibt, damit Gott herrscht über alles und in allem“. Darum beten wir unablässig in derselben Gesinnung, die dem göttlichen Wort zu eigen ist, und rufen zu unserem Vater im Himmel: „Dein Name werde geheiligt, Dein Reich komme“.
Wenn wir also wollen, daß Gott König über uns ist, dann soll niemals die Sünde in unserem sterblichen Leib herrschen. Laßt uns töten, was in uns irdisch ist, und Früchte des Geistes bringen, damit der Herr mit uns wie in einem Paradies des Geistes verkehrt, daß Er allein in uns herrscht mit Seinem Christus, der zur Rechten der Kraft des Geistes sitzt, um die wir beten, bis alle Seine Feinde in uns Ihm zu Füßen gelegt sind und jede Macht, Gewalt und Kraft in uns vernichtet ist.
Das kann in jedem von uns geschehen, und in jedem von uns kann als letzter Feind der Tod vernichtet werden, so daß Christus auch in uns spricht: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“
Gottesdienst am Ewigkeitssonntag,
zusammengestellt von Bruder Heiko Wulfert