Betrachtung zum Advent 2022

Conditor alme siderum
aeterna lux credentium
Christe redemptor omnium
exaudi preces supplicum.

Qui condolens intéritu
mortis perire saeculum
salvasti mundum languidum
donans reis remedium.

Vergente mundi vespere,
uti sponsus de thalamo,
egressus honestissima
Virginis matris clausula.

Cuius forti potentiae
genu curvantur omnia ;
caelestia, terrestria
nutu fatentur subdita.

Te, Sancte, fide quaesumus,
venture iudex saeculi,
conserva nos in tempore
hostis a telo perfidi.

Sit, Christe, rex piissime,
tibi Patrique gloria
cum Spiritu Paraclito
in sempiterna saecula.

Amen.

Gott, heilger Schöpfer aller Stern,
erleucht uns, die wir sind so fern,
daß wir erkennen Jesus Christ,
der für uns Mensch geworden ist.

Denn es ging dir zu Herzen sehr,
da wir gefangen waren schwer
und sollten gar des Todes sein;
drum nahm er auf sich Schuld und Pein.

Da sich die Welt zum Abend wandt,
der Bräut’gam Christus ward gesandt.
Aus seiner Mutter Kämmerlein
ging er hervor als klarer Schein.

Gezeigt hat er sein groß Gewalt,
daß es in aller Welt erschallt,
sich beugen müssen alle Knie
im Himmel und auf Erden hie.

Wir bitten dich, o heilger Christ,
der du zukünftig Richter bist,
lehr uns zuvor dein’ Willen tun
und an dem Glauben nehmen zu.

Lob, Preis sei, Vater, deiner Kraft
und deinem Sohn, der all Ding schafft,
dem heilgen Tröster auch zugleich
so hier wie dort im Himmelreich.

Amen.

Aus weit entfernter Zeit kommt dieser Hymnus zu uns. Er findet sich erstmalig in einer Handschrift aus dem 11. Jahrhundert in Kempten. Die deutsche Übersetzung geht auf Thomas Müntzer zurück und stammt aus dem Jahr 1523. Wenn wir ihn singen, wie er in unserem Gesangbuch steht (EG 3), bitten wir um die Erkenntnis des Sohnes Gottes, des Retters und Richters, der für uns Mensch wurde. Wir singen es in der Zeit des Advent, in der es um die Ankunft des Erlösers geht, um das große Geheimnis der Erscheinung Gottes im Fleisch, um den Schöpfer, der zu Seinen Geschöpfen kommt. Die wenigen Verse des Adventshymnus entfalten das Elend der Menschen in der Gottesferne und das Erbarmen Gottes, der sich ihrer annimmt.

Advent – Ankunft. Wie bereiten wir uns in der adventlichen Bußzeit auf dieses Kommen vor? Wie gehen wir auf ein Weihnachtsfest zu, das mehr ist als eine kurze festliche Zeit, mehr als die Wiederholung liebgewordener Traditionen? Wie gehen wir einem Weihnachtsfest entgegen, an dem wir den kommenden Christus in unseren Häusern und Herzen aufnehmen und uns mit Seiner Liebe beschenken lassen? Die vier Sonntage der Adventszeit können uns den Weg dazu weisen.

Am ersten Sonntag im Advent heißt es: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer“ (Sach. 9,9). Wir hören vom Einzug Jesu in Jerusalem und stimmen in die Freude der Tochter Zion über ihren König ein. Mit dem Sonntagspsalm (24) beten wir „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, daß der König der Ehren einziehe“. Wir erspüren das sehnsüchtige Verlangen, nach dem Dunkel der Winterzeit von einem neuen Licht umfangen zu werden, wie es in dem zarten Leuchten der ersten Kerze am Adventskranz aufgeht.

Am zweiten Sonntag im Advent heißt es: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht“ (Lk. 11,28). Wir hören von der Wiederkunft Christi und dem Gericht über alle Welt, von der Geduld, die nach dem Kommen des Herrn ausschaut. Von den Herren dieser Welt und ihrem Schrecken wenden wir unseren Blick zu dem kommenden Herrn und Erlöser. Wir singen uns zu: „Ihr lieben Christen, freut euch nun, bald wird erscheinen Gottes Sohn, der unser Bruder worden ist, das ist der lieb Herr Jesu Christ“.

Am dritten Sonntag im Advent heißt es: „Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig“ (Jes. 40,3.10). Das Evangelium stellt uns Johannes den Täufer vor Augen, der dem Herrn als Prophet vorausgeht und zur Buße aufruft. „Mit Ernst, o Menschenkinder, das Herz in euch bestellt, bald wird das Heil der Sünder, der wunderstarke Held, den Gott aus Gnad allein der Welt zum Licht und Leben versprochen hat zu geben, bei allen kehren ein.“

Der vierte Sonntag im Advent öffnet seine Pforten auf das Weihnachtsfest hin: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe“ (Phil. 4,4f). Im Evangelium hören wir, wie der Engel des Herrn Maria die Botschaft bringt: „Gegrüßet seist Du, Maria …“. Sie wird die Mutter sein, durch die der Sohn Gottes Mensch wird. Sind wir bereit, wie Maria den Worten des Engels zu antworten: „Siehe, ich bin des Herrn Magd, mir geschehe wie du gesagt hast“?

Die Zeit des Advent erzählt uns von der Ankunft Gottes in unserer Welt und sie bereitet unsere Ankunft bei dem Fest der Menschwerdung Gottes vor. Der Weg durch die Adventszeit will uns dazu bereiten, Ihn selbst zu empfangen. An Weihnachten singen wir dann in meiner Kirchengemeinde zum als Lied vor der Communion: „Ach, mein herzliebes Jesulein, mach Dir ein rein sanft Bettelein, zu ruhen in meins Herzens Schrein, daß ich nimmer vergesse Dein“.

Heiko Wulfert

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